Freitag, 8. November 2013

M.I.A.: Verwirrend gut

M.I.A. ist nicht nur eine Musikerin, sie ist mehr als das. Die sri-lankische-britische Doppelbürgerin ist so etwas wie ein ethnologisches Chamäleon, eine Art Verschmelzung diverser Kulturen.
Dass dabei viele Musikkritiker M.I.A., die mit bürgerlichem Namen Matangi Maya Arulpragasam heisst, nicht verstehen, liegt auf der Hand. Sie deuten den Kontext ihrer Texte und der dazugehörigen Video-Clips falsch. Sie verstehen schlichtweg die Ironie nicht.
Primär die amerikanischen Musikjournalisten scheinen mit dem Phänomen M.I.A. nicht fertig zu werden und reduzieren sie auf eine Art rohe Primitivität, scheinbar, weil sie M.I.A. nicht einordnen können; sie verstehen weder die Ironie noch die beissende Sozial- und Gesellschaftskritik in den Texten im Kontext mit den Clips.

Dies hat zur Folge, dass viele Kritiken nicht die Musik analysieren, sondern M.I.A. als Künstlerin, als Phänomen. Lynn Hirschberg von der New York Times etwa, kritisierte in seinem Bericht über die Britin, dass diese für ein Video-Clip Blackwater-ähnliche Uniformen verwendete und sah darin eine "Kuriosität, denn die Lyrics beschreiben das genaue Gegenteil.". Diese Kuriosität, wie sie Hirschberg nennt, kann man auch als Ironie auffassen.
Genau dieses herrliche Ironische ist es, was M.I.A. so stark macht, so einzigartig. Nicht nur die verschiedenen Einflüsse in ihrer Musik - orientalisch, arabisch, westlich - sondern auch das Spielen mit den Bildern und den Texten in einer Form, welche vor ihr primär Punk-Bands verwendeten.

Interessanterweise beschränken sich viele Journalisten auf die ethnische Herkunft M.I.A.'s, auf ihre Hautfarbe. So meinte etwa Simon Reynolds in einer Kritik des Debüt-Albums Arular:
"Während sich das  Album großartig anhört, gibt es da etwas Abstoßendes an dem ganzen Phänomen... lasst euch nicht von ihrer dunklen Hautfarbe ablenken: Sie hat nicht mehr Verbindungen zu Favela Funkstern als Prinz Harry.“

Die Protesthaltung, die M.I.A. einnimmt, erscheint vielen als nicht authentisch, man begegnet ihr mit Skepsis. Denn wie kann eine Künstlerin, die in England in der Mittelschicht aufwuchs und nicht direkt aus dem Orient kommt, die Probleme der südasiatischen bzw. arabischen Welt besingen?
Die Antwort liegt auf der Hand: Weil es ihr ein Anliegen ist, auf die Missstände, auf die extreme Ablehnung der westlichen Welt auf arabische und orientalische  bis hin zu asiatischen Traditionen aufmerksam zu machen. Was ist so falsch daran?
 
Anstatt sich mit Texten über Unterdrückung, Diskriminierung oder Rassismus zu profilieren, begeht M.I.A. einen anderen Weg stoisch: Mit Rythmen, Farben, Bildern und Slangs weist sie zweideutig auf die Situationen auf unserem Planeten hin.
Mit der Aufpolierung der Bildsprache des Südens, denn sie ohne Umschweife neu interpretiert und beständig auf die bunte Andersartigkeit pocht, weist M.I.A. nicht nur sich selbst, sondern Millionen von dunkelhäutigen Kids weltweit den Weg, der zu gehen ist und zeigt auf, dass Menschen, die anders sind, auch das Recht haben, fair behandelt zu werden.

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