Donnerstag, 19. Dezember 2013

About Christmas

Letztes Jahr haben wir uns um diese Zeit aus dem Staub gemacht um drei Wochen mit dem Rucksack durch den Norden zu reisen. Ein unvergessliches Abenteuer mit vielen schönen Momenten, gespanntem Warten (auf Nordlichter, den Bus oder dass endlich ein Kaffee öffnet nach einer kurzen Nacht im Zug), atemberaubenden Landschaften und auch ganz viel Weihnachtsstimmung. Seltsamerweise kam ich dort im Norden im meterhohen Schnee nach pausenloser Beschallung mit Weihnachtsliedern und exzessiver Weihnachtsdekoration (sogar das Barpersonal trug ein Rentiergeweih!) viel mehr in Weihnachtsstimmung als ich es in den letzten Jahren war, wenn wir mit unserer Familie gefeiert haben.


Dieses Jahr musste ich feststellen, dass diese Infektion wohl etwas Dauerhaftes ist! Denn pünktlich per Anfang Dezember ist bei mir wieder das Weihnachtsfieber ausgebrochen. Das ist soweit gegangen, dass ich meinen lieben Mann dazu überredet habe, uns einen eigenen "kleinen" Weihnachtsbaum anzuschaffen! Der erste eigene Weihnachtsbaum ist echt etwas Besonderes! Stundenlang bin ich durch die Geschäfte gestreift auf der Suche nach dem perfekten Baumschmuck (der soll schliesslich die nächsten 50 Jahre halten!), bei der Auswahl des Baumes war ich genau so aufgeregt und voller Vorfreude wie das Kind der Familie die auch noch da war (die verwöhnte Göre hat einen kleinen Baum für sich allein gekriegt - unglaublich!).
Während ich nun also mein Weihnachtsfeeling kultiviere muss dieser Umstand für meine Mitmenschen einigermassen seltsam sein. Schliesslich bin ich eigentliche eine Weihnachtsgegnerin - aber wogegen bin ich eigentlich?


1. Der Weihnachtsstress
Bereits im Oktober beginnen die Detailhändler ihre Weihnachtswaren rauszustellen. Das fängt harmlos an mit Keksen und Mandarinen. Doch bald darauf ist alles zugepflastert mit Pralinen, Geschenksets, Spielsachen und allerlei was kein Mensch braucht. Bereits 2 Monate vor dem Fest klatscht mir also jedes Mal wenn ich ein Geschäft betrete ein Zaunpfahl mitten in die Fresse rein um mich dran zu erinnern, dass ich mir langsam aber sicher die Geschenke für meine lieben Mitmenschen anschaffen sollte. Natürlich sollten das dann auch möglichst teure und / oder originelle Geschenke sein. Da ich aber für Weihnachten maximal 4 Geschenke brauche, habe ich dauernd das latente Gefühl etwas vergessen zu haben, eigentlich doch noch irgendwas kaufen zu müssen und überhaupt ein schlechter Mensch zu sein wenn ich die vielen Waren herzlos links liegen lasse. Dazu kommt natürlich noch der "normale" bald-ist-ende-Jahr-Stress - der ja prinzipiell nichts mit Weihnachten zu tun hat. Deshalb gehe ich darauf nicht weiter ein.
Von Punkt eins kommen wir nahtlos zu


2. Die Geschenkeflut
Wer zum Teufel ist auf die Idee gekommen, dass man an Weihnachten Geschenke verteilen muss? Der Teufel selbst muss das gewesen sein... Denn deshalb kommt es ja überhaupt zu Punkt 1! Einander etwas zu schenken, etwas was die Person sich schon lange wünscht oder worüber sie sich besonders freut, ist etwas sehr schönes. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass in den letzten Jahren irgendwas schief gegangen ist, mit dieser Tradition. Die Geschenke werden nicht mehr mit Freude verschenkt und somit hält sich meist auch die Freude beim Beschenkten in Grenzen. Wir leben im Überfluss, wenn ich etwas haben will kaufe ich mir das einfach und fertig. Wozu auf Weihnachten warten?! Was ich mir nicht selber einfach so leisten kann ist dann hingegen auch für ein Weihnachtsgeschenk zu teuer... Deshalb bleibt den lieben Mitmenschen gar nichts anderes übrig als mir irgendwas zu schenken, was ich eigentlich gar nicht will - sonst hätte ich es ja schon selbst gekauft.
Dennoch reicht es vielen Personen nicht, wenn mittels Wichtel-Modell die Geschenkeflut auf ein Geschenk pro Person reduziert wird. Besonders für Kinder ist das scheinbar ein unakzeptabler Zustand. Denn die können ja noch nicht selber ein Geschenk organisieren, also können sie da auch nicht mitspielen. Das hat zur Folge, dass alle Beteiligten dem Kind etwas schenken müssen. Doch besonders Kinder haben eigentlich alles was sie brauchen, schliesslich will ja niemand als Rabeneltern abgestempelt werden und geizig sein ist auch überhaupt nicht trendy. So überhäuft man das Kind dann am besten mit Spielzeug und vergrössert nebenbei den persönlichen ökologischen Fussabdruck.



3. Die Anwesenheitspflicht
Etwas, was mich ebenfalls beinahe in den Wahnsinn treibt, ist die Anwesenheit an sämtlichen Weihnachtsfesten. Wird man eingeladen muss man hin - sonst ist das als würden Romeo und Julia heiraten und bis an ihr Lebensende glücklich sein. Sprich: An der Weihnachtsfeier einfach nicht hinzugehen, ohne triftigen Grund wie z.B. "Sorry, wir sind dann nördlich des Polarkreises und können nicht kommen" oder "ich wurde vom Tram erfasst und muss mich noch an meine Beinprothesen gewöhnen" ist nicht drin. In dem Moment, indem man das Fest einer anderen Person vorzieht, ist man endgültig gestorben und kann sich stundenlanger Lästertiraden beim gemiedenen Fest sicher sein.

Trotzdem habe ich es dieses Jahr geschafft und bin im Weihnachtsfieber... Wie geht das? Ich habe letztes Jahr realisiert worum es an Weihnachten eigentlich geht! Es geht darum, mit lieben Menschen zusammen zu sein, sich eine Freude zu machen (wenn Nötig kann das auch mittels Geschenk erreicht werden), die dunkle Jahreszeit mit Kerzenlicht zu erhellen, auf die Figur zu pfeifen und sich ohne schlechtes Gewissen mit leckerem Essen zu verwöhnen. Es geht darum, kurz bevor das Jahr vorüber ist, zusammen zu sitzen und zurück zu blicken - sich zu besinnen - was war, die guten und die schlechten Dinge. Vielleicht auch, um sich zu besinnen wie gut es uns geht, dass es uns an nichts fehlt und inne zu halten, bevor das Jahr in einer rauschenden Party zu Ende geht.

Das ist das Gefühl, das ich seit zwei Wochen in mir trage. Ich fühle mich geerdet, zur Ruhe gekommen, auch ein bisschen am Ende nach diesem Jahr, will mit einer Tasse Tee in der Hand dasitzen und den schön geschmückten Christbaum bestaunen, will vom neuen Jahr träumen, möchte meinen Liebsten sagen, dass ich sie auch dann gerne an meiner Seite hätte und dass es schön ist, wie es ist.




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